Platée – inforadio

Fairy Queeninforadio 23.11.12
Platée. Ein Begehren.

Was hat eine häßliche Wassernymphe in Berlin-Neukölln zu suchen? Wieso trifft man mitten auf der Karl-Marx-Straße auf Jupiter und Juno, frisch aus dem Olymp heruntergestiegen? Die Antworten auf diese Fragen gab es gestern Abend in der Neuköllner Oper. Denn dort standen die drei auf der Bühne – als Hauptfiguren im Stück „Platée- ein Begehren“. Eine Ballet-Comédie von Jean-Philippe Rameau, deren Neufassung dort gestern erstaufgeführt wurde. Barbara Wiegand hat die Inszenierung gesehen.

1745 hat Rameau diese Ballett Comedie als mit Musik, Gesang Tanz aufgelockertes Theaterstück für eine hochadelige Hochzeit geschrieben. Und diese Komische Oper um die Nymphe Platée, die Opfer einer göttlichen Intrige wird, jetzt an die Neuköllner Oper zu holen ist eine dieser ungewöhnlichen Ideen, die man dort gewagt hat umzusetzen. Wobei man einmal mehr gewonnen hat. Die Platee in der Neufassung von robert Lehmeier und Jakob Vinje spielt am geschickt zum Designertresen einer Cocktailbar umgewandelten Bühnenrand. Als ganz irdischer Olymp am Rande einer Nacht, in der sich die Götter Merkur Jupiter, Juno voll selbstherrlicher Dekadenz einen hinter die Binde gießen und dabei nach diversen Drinks unerwartet menschliche Gefühle entwickeln.

Während im Hintergrund die Nymphe Platee, die hier eine Transe ist, sich in melodramatischen Posen übt; passend zu den Filmszenen, die hinter ihr über eine Leinwand flimmern. Während sie den großen Traum der wahren Liebe mit sich selbst als glorreich umworbene Diva träumt, spinnen die Herren Götter ihre fiese Intrige,  bei der Jupiter nur zum Schein die Transe Platee umwirbt – um Juno von der Lächerlichkeit ihrer Eifersucht zu überzeugen. Mit feiner Ironie entwickelt Regisseur Lehmeier diese aberwitzige Geschichte, die bald schon ganz herrlich aus dem Ruder läuft. Mit wohl dosierter Albernheit zeichnet und überzeichnet er diese Figuren – und bringt sie einem dabei immer wieder erstaunlich nah. Dass das so ist, liegt auch am Ensemble – herrlich wie Armin Stein in der Titelrolle die feinen Risse der Unsicherheit durch die eitle Selbstüberschätzung hindurch scheinen läßt. Da passt sogar, dass der junge Countertenor in der Höhe noch nicht die volle Kraft entwickelt hat und der Übergang in tiefere Stimm-Regionen oft brüchig wirkt. Darstellerisch und sängerisch überzeugt vor allem auch Melanie Gardyn, die L’Amour und La Folie, Liebe und Wahn verkörpert. Auch das kleine Orchester beeindruckt mit präzisem Spiel. Allerdings ruckelt es im Zusammenspiel mit den Sängern vor allem anfangs doch sehr – und auch später erklingt nicht immer zusammen, was zusammen komponiert wurde. Und manches mal haben die Solisten mit ihren Koloraturen doch arg zu kämpfen.

Doch das ist spätestens am Ende vergessen, wenn sich die Götter an den Tresen zurückziehen, um auf all die irdischen Irrungen und Wirrungen zu trinken – und ihrem Jupiter zuzuprosten, der sich mit Platee zum überraschenden Happy Hollywood End vereint präsentiert – das scheinbar glückliche Ende eines wirklich kurzweiligen, ernsthaft komischen und oft sehr charmanten Stückes.

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