Cosi fan tutte – Zeit

Cosi fan tutteOh, diese bösen Jungs
Die Zeit, 10.11.2005

Die frischeste Essenz, die bei Friedrich Schirmers Hamburger Theaterstart zu spüren war, kam aus Berlin: Mozarts „Cosi fan tutte“, von der Neuköllner Oper übernommen. Mit zwei Flügeln, vierhändig gespielt, und sechs starken Sängerkomödianten, entsteht eine schwule Variation von Mozarts tiefgründigem Spiel um die Treue.

Keine Frauen in Sicht. Es herrscht die wohlig-triste Homogenität der Boulevardkomödie. So wie auf dem Boulevard die Bürger unter sich sind, herrschen auch hier: Einmütigkeit, Chic, Eleganz, Wohlstand, Müßiggang, flache Probleme, steil empfunden. Jedoch, in der Hetero-Liebeskomödie bleiben die Liebenden einander fremd: Sie kommen von verschiedenen Planeten, sie werden einander nie verstehen. Dieses dauernde Scheitern am anderen System funktioniert als Motor der Handlung. Der Dreisprung von Durchschauen, Verzeihen und erneutem Misstrauen hält die heteroerotische Komödie in ewiger Bewegung.

In der homoerotischen Komödie dagegen haben Liebende miteinander zu tun, die sich längst verstanden und durchschaut haben. Alle suchen und verfehlen hier – sich selbst. Diese kleine Hamburger Oper ist ein helles Spiel, das die Erfüllungsspirale der Komödie ins Schwindlig-Leere laufen lässt. Es weiß vom Ende mehr als die großen Todesfeste, die derzeit das Schauspielhaus beherrschen.

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