Es gibt sie noch die echten Sternstunden, kein Wunder bei dem Namen „L´etoile“, „Der Stern“, der Opera bouffe von Emanuel Chabrier am Stadttheater Bielefeld . Das unbekannte Werk um den tyrannischen König Ouf und den Straßenhändler Lazuli ist voll eigenen, grotesken, schwarzrandigem Humors, die Musik Chabriers kommt ganz aus der Tradition Offenbachs, jedoch viel raffinierter und lyrischer, denn Chabrier wurde nicht ganz umsonst dem „Wagnerisme“ in Frankreich zugerechnet, was jedoch weniger seinen „L etoile“ oder seinen „Le roi malgre lui“ betrifft, als seine Oper „Gwendoline“ oder das Fragment „Briseis“.
In Bielefeld kommt einfach alles zusammen, was das Herz des Theaterbesuchers entzückt: eine treffende Regie von Robert Lehmeier, die wunderbare Ausstattung mit dem nahezu kafkaesken Bühnenbild und den farblich unglaublich geschmackvollen Kostümen von Tom Musch, die stilgerechte Umsetzung der Musik unter Peter Kuhn mit den Bielefelder Philharmonikern und die perfekte Besetzung der vielen Rollen, sowohl vom Typen her, wie auch in der vokalen Auswahl der Fähigkeiten. Es ist gar nicht leicht einfach immer nur von dieser herrlichen Aufführung in sämtlichen Aspekten zu schwärmen. Gesungen wird übrigens auf Französisch (mit Übertiteln), denn der musikalische Witz gebiert sich ganz aus dem klang der Sprache, die wunderbar gearbeiteten und gespielten Dialoge dann wieder auf Deutsch.
Eric Laporte als exzentrischer Tyrann innerhalb eines verhuschten Beamtenstaates, darf sich mit rosa Glitzertutu völlig ausagieren , was er mit einem chaplinesken Witz, ohne den großen Komiker dabei nachzuahmen, und bestens sitzendem hohem, französischem Tenor zur Freude der Zuschauer auch macht, obwohl die Rolle eigentlich unangenehm ist, wird er zum Publikumsliebling ! Susanne Kreusch mit sinnlich flirrendem Mezzosopran ist in der Hosenrolle des Lazuli der andere Favorit. Als Prinzessin Laoula ist Victoria Granlund mit ihrem schmalem, doch gut fokussierten Sopran bei leicht kühler Farbe absolut in ihrem Element. Janek Janiszewski bietet als Hofastrologe, denn die Sterne lügen schließlich nicht, ein echt verschrobenes Rollenporträt. Fürst Herisson de Porc-Epic mit Gattin Aloes und Sekretär Tapioca sind von Dirk Mestmacher, Sarah Kuffner und Thomas Winter absolut auf den Punkt gespielt und gesungen. Thomas Doer und Jean Tambouratzakis bieten eine Beamtenstudie, die an den Humor des Vicco von Bülow heranreicht. Und der Bielefelder Opernchor schwappt nur so voll Leben über die Rampe und verbreitet reines Vergnügen.
Die Sonntagnachmittagvorstellung endete in einem wahren Begeisterungstaumel mit Standing Ovations des Publikums, denen sich der Rezensent einfach nur anschließen kann: das war nicht einer, sondern mindestens fünf Sterne !
Bitte als absoluten Opernfreund-Tipp angeben, ich habe mich lange nicht so amüsiert!!!!!