Kein Geld für Ölfarben!
Die Neuköllner Oper startet mit der Uraufführung „Fanny und Schraube“ grandios in die Saison
„Erst das Herz – dann der Rubel“, gibt die geheimnisvolle Russin das Motto des Abends vor, bevor sie sich mit einem sanft geträllerten „Tschüssikowski“ verabschiedet. Da sind die beiden hanseatischen Möchtegern-Makler Schraube und Ignaz erst mal baff. Wollten sie dem Mann der Schönen doch soeben ein Haus in Berlin verkaufen, um mit dem Geld ihre Werft zu sanieren. Doch nun will der Investor lieber das Wandgemälde der dort lebenden Malerin Fanny erwerben.
Um diesen Krisenplot aus Geld, Liebe und trügerischen Hoffnungen (die reiche Russin entpuppt sich bald als so falsch wie die Versprechen des Investors) hat Autor Kai Ivo Baulitz sein Libretto gestrickt, Regisseur Robert Lehmeier macht aus dem schweren Stoff eine federleichte Opernminiatur. Markus Meyer hat ihm dafür einen lang geschwungenen Zwitter aus Laufsteg und Halfpipe in den Saal der Neuköllner Oper gebaut: An der Stirnseite ist das sechsköpfige Orchester hinter einem Gaze-Vorhang versteckt – das Publikum sitzt sich an den Längsseiten gegenüber. Dazwischen rennen die vier Sänger dem Glück hinterher. Auf der anderen Seite die beiden Pleite-Hanseaten in ihren billigen C&A-Anzügen (Clemens Gnad und Markus Vollberg), auf der anderen die Berlin-Mitte-Künstlerinnen Fanny und Zecke (Johanna Krumin und Jana Degebrodt).
Dirigent Hans-Peter Kirchberg unterstreicht das mit sanftem Klangchaos (Musik: Jan Müller-Wieland): dort ein Klavierakkord, da ein Puster mit dem Saxofon. Manchmal wächst es in ein hektisch klimpriges Stakkato – und bleibt dabei doch so lässig, komisch und berührend wie die durchweg großartigen Darsteller.