The Fairy Queen – Opernwelt

Fairy QueenOpernwelt Mai 2012

Purcell ohne Prunk

Talentschmiede Südafrika: Im dritten Jahr des Umculo/Cape Festivals ließen sich junge Musiker und Sänger von „The Fairy Queen“ verzaubern

Purcell´s „Fairy Queen“ in neunzig Minuten? Ein Ende des 17. Jahrhunderts uraufgeführtes Prunkstück für Londons höfische Gesellschaft frei nach Shapespeare´s „Sommernachtstraum“ mit jungen Chorsängern und Solisten, die gerade ihre ersten Schritte auf der Bühne machen? Kann das gut gehen? Es kann. Wer da an eine Schnapsidee oder Hochleistungssport für den Nachwuchs dachte, wurde im Rahmen des dritten Umculo/Cape Festivals in Südafrika eines Besseren belehrt. Das Team um den Dirigenten Gerben Grooten und Regisseur Robert Lehmeier hatte das Stück behutsam bearbeitet und die Mitwirkenden auf Vorstellungen in Johannesburg und Kapstadt gut 0vorbereitet.

 

Das Motto des 2010 initiierten Festivals umreißt einen Ansatz, der über den üblichen Rahmen von Musiktheater-Workshops hinauszielt: „Changing Lives Through Music“. Die Idee: klassiche Musik mit Talenten aus sozial benachteiligten Schichten und unterprivilegierten Regionen zu produzieren und an alternativen Spielorten zu präsentieren. Die Hoffnung: Aktive Beschäftigung mit klassischer Musik kann ungeahnte Perspektiven öffnen – auf eine Zukunft, die nicht durch Armut und Gewalt, Unrecht und Korruption geprägt ist. So wie die Townships, aus denen die meisten Jugendlichen kommen. Sie bilden das Rückgrat dieser „Fairy Queen“-Produktion – vor allem der Chor der Bloekombos Secondary School und die von Mitgliedern des Lucerne Festival Orchestra gecoachten Musiker des südafrikanischen Jugendorchesters. Die Auseinandersetzung mit der Musik, mit den Partien und dem Spiel auf der Bühne wird auch als Chance begriffen, den eigenen Horizont zu erweitern, mit anderen Augen auf sich selbst zu schauen. Trotzdem ist die „Fairy Queen“ des Umculo/Cape Festivals kein Jugendsozialprojekt.

 

Die Produktion macht es deutlich: Purcells Musik dient nicht bloß als Klangkulisse, sie hat Feuer und Witz, die Stimmen der jungen Solisten klingen mitreißend, viele sind bereits gut ausgebildet. So kommt alles frisch, sprühend und spielerisch. Die Verknüpfung der Komödie mit der südafrikanischen Lebensrealität wirkt nie bemüht. Mit Lust, Verve und Energie gehen die Sängerinnen und Sänger zu Werke, vom Orchester sensibel getragen. Die Choristen stehen durchweg auf der Bühne, bewegen sich in choreographierten Formationen; immer wieder treten einzelne für kurze Solonummern hervor. Die wild mäandernde Handlung wird von den Darstellern der Hauptfiguren vorangetrieben – Brenda Thulo ist die verliebte Hermia, Ronald Melato  ihr  Lysander; das streitende Ehepaar geben Zandile Gwebityala (Titania) und Jonathan Watkins (Oberon); und Sandile Mabaso tritt in der Rolle des Puck als eine Art „cross gender“-(Flug-)Begleiter auf (Kostüme: Noluthando Lobese), der allen ihren Platz zuweist.

Purcells rauschende Shakespeare-Adaption wirkt so auch in der gestrafften Fassung stringent, plausibel, ohne ihren träumerischen Zauber zu verlieren. Doch dieser Traum liegt nicht in barockem Pomp, sondern – und das spiegelt die Inszenierung wieder- in der Vision von einer anderen, besseren Zukunft. Wobei niemand dem Irrglauben aufsitzt, dass diese mal eben, von magischer Hand berührt, herbeizusingen sei. Ohne harte Arbeit geht da gar nichts. Davon zeugt nicht zuletzt das körperbetonte, athletische Spiel des Chores. Am Ende der Vorstellung in einer Kapstädter Vorstadttheaterhalle erhält er zu Recht tosenden Applaus.

Antonia Beermann/Adrian Herrmann

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